Messe ist Sache des Verkaufs!
Haben Sie das als Verkäufer oder Vertriebsleiter auch schon verinnerlicht?
- Messe sei einfach wichtig fürs Image und der Wettbewerb ist ja auch da.
- Messe, das macht das Marketing bei uns.
- Messen, das sind großformatige Bilder und horrende Budgets für den Standbau und wir aus dem Verkauf sind eben auch dabei und manchmal springen ja auch für uns gute Kontakte heraus.
Interessant ist, dass Messen eigentlich dazu nie da waren.
Messen gab es im Altertum und Mittelalter zum Beispiel an Wegekreuzungen wichtiger Handelsrouten. Hier wurden Zwischenlager errichtet, die meist unter fürstlichem Schutz standen und dafür sorgten, dass der Verkäufer (!) nicht der Marketier, seine Ware an alle vorüberkommenden Händler verkaufen konnte und sich Geld für den Transport sparte. Abgesehen davon hätte er niemals so viele potentielle Abnehmer kennenlernen können, wie an diesen Lagern.
Eine andere Form der „Messe“ liefert die Kirche.
Im Mittelalter war es üblich, dass Händler sich rund um die „Messe“, d. h. Die Kirche, in der der sonntäglichen Gottesdienst stattfandt, postierten, um Ihre Ware anzubieten. Jemand, der dies erfolgreich tat, war Johannes Gutenberg im 16. Jahrhundert, Ihnen sicherlich besser bekannt als Erfinder des Buchdrucks. Gutenberg hat jedoch vor seiner genialen Idee eine weitere gehabt: Spiegel, die sowohl spiegelten, als auch, wenn Sie gedreht wurden, durchsichtig fast wie Fensterglas wurden. Sie waren beliebtes Souvenir bei Messebesuchern und Wallfahrern.
Messen sind also dadurch entstanden, dass Händler, d. h. Verkäufer dorthin gegangen sind, wo sie die erfolgversprechendsten Kunden erwarteten. Keiner von ihnen hätte damals gesagt er müsse dorthin, weil die anderen auch dort seien. Sie alle hatten ein Ziel: verkaufen!
Aus den mittelalterlichen Zwischenlagern und Kirchenmarktplätzen wurden dann peau a peau Messegelände, große Weltausstellungen, die die Schöpfungen der ganzen Welt zeigen sollten.
Immer aber waren Messen vor allem eines: Marktplätze, auf denen Händler ihre Ware zum Verkauf anboten.
Haben Sie sich eigentlich schon einmal gefragt, warum Messeauftritte in den meisten Unternehmen vom Marketing oder von der Abteilung Marketing Communication geplant und organisiert werden.
Lange ist das noch nicht so. Es begann mit dem Marketinghype der Siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts.
Marketing, an und für sich gedacht als die geniale Verankerung der Kundenorientierung wurde schnell degradiert: Marketing ist Werbung.
Zugegeben, Marktforschung spielt hier auch eine Rolle, allerdings ist der Stellenwert fraglich, wenn man manche Marktforschungsergebnisse genauer ansieht.
Interessant ist vor allem, dass 90% aller Mitarbeiter in Unternehmen auf die Frage, was Marketing sei, genau die Antwort geben würden: in erster Linie Werbung.
Eine andere Umfrage unter geschäftsführenden Personen werbungtreibender Unternehmen gab auf die Frage, was sie unter „Content Marketing“ verstünden an, es handele sich dabei um die Kommunikation zwischen dem Unternehmen und dem Kunden. Nur 18% sahen darin eine Vertriebsstrategie.
Was heißt das für die Marketingveranstaltung Messe?
Sie dient also der Kommunikation mit dem Kunden.
Eine gänzlich andere Definition, als sie unsere Vorfahren fanden. Für sie war Messe der Verkauf an den Kunden und nicht der nette Plausch über Belanglosigkeiten.
- Sie wenden nun mit Recht ein, dass der Wettbewerb heute härter, die Vergleichbarkeit eher gegeben ist, etc. Stimmt alles nicht: Wenn Sie früher Holz gehandelt haben, dann war das noch vergleichbarer als heute. Viele Bearbeitungsmöglichkeiten gab es nämlich noch gar nicht. Holz war also auf dem Markt wirklich noch Holz. Wenn Sie vor der Kirchentür mit Devotionalien gehandelt haben, dann gab es davon zig Stände, die dieselbe Idee hatten. Wer es nicht glaubt und nicht lange in Büchern suchen will, dem sei der Film „Schlafes Bruder“ vom Meister des ausgezeichnet recherchierten Films, Georg Filsmaier, empfohlen.
- Sie wenden nun mit Recht ein, dass die Darstellung des eigenen Unternehmens ja bereits kommuniziert, also das Thema der Kommunikation nach Watzlawicks Theoremen gar nicht negiert werden kann. Stimmt auch nicht so ganz: Watzlawick sagt zwar, man könne nicht nicht kommunizieren, ein nicht dekorierter oder designter Stand mit aktiven Verkäufern kommuniziert jedoch allemal mehr als ein Designstand mit den häufig vorzufindenden „Infodrachen“, die ähnlich wie bei der Telefonakquise die Firewall des Standes darstellen.
- Sie wenden nun mit Recht ein, dass aber doch ein entsprechend gestalteter Stand, potentielle Kunden anzieht oder zumindest zum Stehenbleiben animiert. Und hier gebe ich Ihnen Recht. Doch was dann kommt muss der Verkäufer machen. Der Stand an sich kann nicht verkaufen.
In diesem Sinn: Herzlich willkommen im Kreis der Messehardseller!